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     Wir Menschen leben seit hunderttausenden Jahren in Gemeinschaften als Teil der Natur und in der Natur. Das ist heute nicht anders. Aber unser Gefühl zu Gemeinschaften und der Gesellschaft und unser Wahrnehmung unserer Natur haben Schaden genommen. Doch wir brauchen unsere Umwelt – also die Menschen und die Natur um uns herum – nicht weniger als Früher. Die Allmende ist eine moderne Art und Weise ein Verantwortungsgefühl für die Gesellschaft in der Moderne zu entwickeln, durch gemeinsames Tätig sein und die Kultivierung gesellschaftlicher Werte. Mit der Allmende greifen wir ein historisches Kulturgut auf. Wir knüpfen damit an eine kulturelle Lebensweise an, die bis zuletzt in jedem Dorf, jedem Tal, auf jedem Berg, an jedem Wasserlauf, praktiziert wurde, weil sie ein nachhaltiges Zusammenleben aller Lebewesen in unser Umwelt gewährleistete. Mit dem Krieg gegen die Bauern vor 500 Jahren – den „Bauernkriegen“ ist diese Lebensweise und zeitgleich die allermeisten Allmenden zerstört worden.
Heutzutage kann alles Mögliche eine Allmende sein. Der englische Begriff für Allmende, die „Commens“ ist vielen bekannt und wir kennen zahlreiche moderne Allmenden, die diese Kultur weiter pflegen.

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Typische historische Allmenden, wie es sie überall gab, waren Wiesen, Wälder oder Flüsse. Alle Bewohner durften auf den Wiesen ihre Nutztiere weiden lassen und haben sich gemeinsam, um den Erhalt der Wiese gekümmert. Gemeinsam wurde genau festgelegt wer, wieviele Tiere auf die Wiese treiben darf. Auch die Wälder wurden für Holz und die Ernährung gemeinsam genutzt und gepflegt. Genauso das Wasser der Flüsse. So ist die Allmende kein Privileg von Besitzenden. Ganz im Gegenteil ist sie ein Recht, dass sich die Bewohner*innen einer Region selbst geben, um ein gesundes Zusammenleben zwischen der eigenen Familie und ihrer gesellschaftlichen und ökologische Umwelt zu gewährleisten. Wir nennen es auch das „Alte Recht“. Deswegen ist in der Allmende ein niederschwelliges Mitmachen möglich, solange die Allmendler*innen sich an den selbst gesetzten Werten und Regeln orientieren. Orientieren – nicht folgen oder befehlen. Genauso bedeutet die Allmende gleichzeitig den Erhalt, den Schutz und die Pflege von Landschaften, von Böden, von Gewässern, Pflanzen und Tiere in der Region. Allmenden pflegen das Mikroklima und sie pflegen ein demokratischen Zusammenleben zwischen den Menschen in der Region. Und zwar übernehmen die Menschen der Region selbst diese Verantwortung für sich und ihre gesellschaftliche und ökologische Umwelt. Es sind keine Vertreter und keine Verwalter, sondern die Nachbar*innen, Bekannte, Familien, Kinder, und Anwohner selbst, die ihre Umwelt kennen, pflegen und nach gemeinsamen Regeln und auf Basis gesellschaftlicher Werte selbst verwalten. Die Regeln, die wir uns geben und die Kultur die wir pflegen sind kein Ausschluss, sondern sie schaffen eine Verbindlichkeit zwischen allen Beteiligten, sie Schützen die Allmenden und sie sind eine sichtbare Position nach Außen.

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Allmenden kann es heutzutage für alles Mögliche geben. Immer ist der Ausgangspunkt das Verantwortungsgefühl der Gemeinschaften, die durch Allmenden entstehen und wachsen. Es bedeutet die Verantwortung für unsere Demokratie, für unser Land, unsere Gemeinschaften, Bekanntschaften und Verwandtschaften, unser Lokalklima und unser Zusammenleben zu übernehmen. In der Allmende lernen wir ein Verantwortung zu entwickeln und damit gesunde Beziehungen zwischen Menschen und der Natur aufzubauen. Allmenden können für einzelne Zwecke gegründet werden – zum Beispiel eine Landwirtschafts-Allmende – aber ihre gesellschaftlichen und ökologischen Perspektiven setzten, ganz allgemein, an den gesellschaftlichen Problemen an und bieten dafür Lösungsansätze. Letztlich geht es hier aber nicht um die richtige Bezeichnung, sondern um eine werteorientierte gesellschaftliche Lebensweise, als Gegenentwurf zu egoistischen und profitorientierten Lebensentwürfen. Unsere gemeinsamen Werte werden nicht allein bei uns gelebt – wir erfinden auch nicht irgendwelche Wertevorstellungen – sondern wir greifen die Werte der Gesellschaft auf, die nicht erst seit den Bauernkriegen teilweise schwer beschädigt wurden und teilweise verloren gegangen sind.

Ein Gefühl entwickeln
Ganz unabhängig davon, ob wir Teil einer Landwirtschafts-Allmende oder eine Allmende für Bildung oder einer Mobilitäts-Allmende sind, behalten wir die allgemeine Situation der Gesellschaft, genau wie die persönliche Situation der Allmendler*innen im Blick. Wir sehen die persönliche Situation der Allmendler und Allmendler*innen und kennen deren Probleme. Wir haben nicht den Anspruch alle Probleme aller Allmendler*innen zu lösen, aber wir entwickeln ein Gefühl für die Situation und Probleme der Individuen. In jedem von uns spiegeln sich auch die allgemeinen gesellschaftlichen Probleme und heutigen Krisen wieder. Deswegen entwickeln wir genauso ein Verantwortungsgefühl für die Probleme unserer Gesellschaft und Natur und suchen nach Antworten und Lösungen darauf. Individuell diese Verantwortung zu übernehmen wäre für viele eine totale Überforderung. Auch deswegen beobachten wir eine gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit gegenüber unserer Umwelt. Seit die Klimakatastrophe auch in den Industrieländern zum Thema wurde, forderte die Bevölkerung ununterbrochen von den Regierungen, Machthabern und Reichen die Katastrophe aufzuhalten. Wir mussten über die letzten Jahrzehnte aber das Gegenteil beobachten: Wo sich Macht und Geld konzentrieren von dort gehen auch unbeirrbar schwere Schläge gegen das Klima und die Demokratie aus. Die Allmende ist eine konkrete praktische Antwort, die weder auf individuelle, noch auf technische oder machtpolitische Scheinlösungen setzt. Erst mit einer gemeinschaftlichen Verantwortungsübernahme der Betroffenen, der Menschen Vorort, der Willigen, Mutigen und Suchenden und Hoffenden schaffen wir überhaupt die Rahmenbedingungen, um als Gesellschaft wieder wirkmächtig und gestaltend unsere gesellschaftliche und ökologische Umwelt wert zu schätzen, zu schützen und zu pflegen.

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Kultur des Schenkens
Wir pflegen mit unseren Allmenden unsere Umwelt, um aus einer kapitalistischen Wirtschaftslogik auszubrechen, die den Menschen schadet und wegen der wir uns auf der Schnellstraße in die Klimahölle bewegen. Allmenden waren und sind immer auch eine Form des nachhaltigen Wirtschaftens von werteorientierten Gemeinschaften. Die Macht der Geld- und Wirtschaftslogik bestimmt unsere Gesellschaft und haftet selbst unserem eigenen Denken an, wie eine Erkrankung. Wir dagegen, verschenken. Unabhängig davon ob wir entscheiden unter Allmendler*in oder an Passant*innen zu schenken, bleibt dabei der selbe Bruch zur Geld- und Wirtschaftslogik bestehen. Wir werden von der Natur beschenkt, wenn wir gut mit ihr umgehen, wir gehen miteinander gut um und so schenken wir das Geschenkte weiter. Wir schenken nicht, weil es gerade zuviel Ernte gibt. Im Gegenteil, gerade in Zeiten großer gesellschaftlicher Probleme oder des Mangels hält eine Kultur des Schenkens unsere Demokratie am Leben, während Autoritäre, Rechte und Reiche während Krisenphasen nur versuchen ihre eigenen Privilegien zu sichern.
Allein bei dem heutigen gesellschaftlichen Problem großer emotionaler und moralischer Orientierungslosigkeit, sind die emotionale Wärme, die wir uns schenken, nicht nur ein netter Akt, sondern sie sind eine Form des Widerstands gegen die brutale Logik des Kapitalismus.
Was wir über die Allmenden teilen ist geschenkt, aber nicht umsonst. Wir schenken nicht irgendwie irgendwem irgendwas. Wie bei allen Aspekten unserer Allmenden orientieren wir uns an den gesellschaftlichen Werten und an unseren Antworten und Lösungsansätzen auf die gesellschaftlichen Probleme. Wir schenken, um eine Beziehung aufzubauen und um gemeinsame Werte zu kultivieren und wir schenken als Einladung ein Verantwortungsgefühl, für unsere gesellschaftliche und ökologische Umwelt, zu entwickeln.
Wir schenken auch nicht, weil wir zeigen wollen, dass wir die Guten sind, sondern um die Logik des persönlichen Nutzens, des Vorteils und Gewinns zu durchbrechen. Die Schenkenden, die Beschenkten, aber auch diejenigen, die lieber versuchen selbiges zu verkaufen, werden durch die Kultur des Schenkens herausgefordert. Was wir verschenken würde kaputt gehen, wenn man auch nur versuchte es als Produkt anzubieten oder gar einen Preis dafür zu benennen. Wir verteidigen das Sein-können, gegen das Haben-wollen. Wir verteidigen die Natur und die Menschen dagegen zum marktförmigen Produkt gemacht werden. Wer sich zum Beispiel nur einmal die Zeit genommen hat über den ökologischen und gesellschaftlichen Wert nur eines Baumes länger nachzudenken, wird in aller Langsamkeit – wie es dem Wachstum der Bäume eigen ist – feststellen, dass der Baum und alles über ihm, unter ihm und in ihm, nie ein Produkt war oder sein kann. Zu Schenken war lange Zeit ein wichtiger gesellschaftlicher Wert – heutzutage ist eine Provokation zugleich.

Souveränität in Ernährung und Demokratie
Unsere Allmenden tragen dazu bei, dass Menschen bestimmen können, was auf den Böden ihrer Region angebaut wird, wie die Böden und das Ökosystem nachhaltig behandelt werden, wie gesunde Lebensmittel verteilt werden und wie mit den Beteiligten gut umgegangen werden kann. Alle Menschen haben ein Recht auf gesunde Ernährung und eine intakte gesunde Umwelt. Unsere Lebensmittel sind eine überlebenswichtige Grundlage unserer Gesellschaft und sie werden im Zuge der Klimakatastrophe immer deutlicher in den Fokus gesellschaftlichen Interesses geraten. Uns unsere Verantwortung für unsere Region zurück holen bedeutet in einen demokratischen Prozess zu gehen, in Aushandlung durch gemeinsames Tätigsein auf Basis gesellschaftlicher Werte. Trinken und Ernährung sind nicht nur eine besonderes grundlegende Basis einer demokratischen Gesellschaft, sondern mehr noch umgekehrt, indem wir Trinken und Ernährung als Allmenden organisieren, etablieren wir gerade auf dieser grundlegenden Ebene ein Demokratieverständnis, an das wir später leicht in jeder anderen Fassette gesellschaftlicher Verhältnisse anknüpfen können.

In Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Essbare Region: